6. und 5. Jahrhundert v. Chr.


Griechisch - archaische Glyptik

 

 

ring

Skarabäus aus durchscheinendem Karneol ( 1,5 x 1,12 mm ) mit antikem Goldbügel.

Sitzender Jüngling, die Schildkrötenleier stimmend.

Ca. 500 v.Chr.


 

 

Erst im 6. Jahrhundert v. Chr. wird die Radtechnik wiederentdeckt – Gemmen im archaischen Stil entstehen. Der Begriff der Archaik bezeichnet eine Epoche in der politischen und kulturellen Entwicklung Griechenlands zwischen ca. 700 v. Chr. bis ca. 500 v. Chr. Im allgemeinen wird der Begriff des „Archaischen“ als „primitiv“ verstanden, was in der bildenden Kunst sachlich natürlich nicht gerechtfertigt ist. In dieser Epoche kommt die griechische Glyptik zu neuer Blüte. Durchscheinende harte Steine mit lebhaften Farben werden verwendet. Quarze, überwiegend transparente Karneole, die im Schein der Sonne aufleuchten, erfreuen den Besitzer.

 

Gemmen in Form eines Skarabäus sind beliebt, jedoch haben sie - entgegen dem ägyptischen Sonnenkäfer, der im alten Ägypten als »der aus der Erde Entstandene« als Gestalt des Sonnengottes Re angesehen wurde - keine religiöse Bedeutung . Die Form des Skarabäus ist eher an phönizische Vorbilder angelehnt und wurde nicht unmittelbar von Ägypten übernommen (1). Die Formen dieser Epoche sind nicht durch die Religion eingeengt, sie variieren; neben dem Skarabäus - dem Mistkäfer - werden auch Pseudo-Skarabäen mit plastisch gestalteten Rücken in Formen von Masken, Widderköpfen oder liegenden Löwen graviert.



Das Skarabäoid, das im Umriss dem Skarabäus gleicht und dessen Rücken ebenfalls gewölbt, jedoch glatt belassen ist, ist seltener anzutreffen. Zypern und Ionien sind die Zentren der archaischen Gemmenproduktion, große Mengen an Gemmen werden hergestellt und von Ionien aus auch nach Italien exportiert (2).
Inschriften und Signaturen auf Gemmen werden im 5. Jahrhundert v. Chr. immer häufiger. Der Künstler steht immer mehr im Vordergrund.  Dexamenos von Chios einer der bedeutendsten Gemmenschneider dieses Jahrhunderts, ein Ionier, hat einen blauen Chalcedon-Skarabäoiden , 1,7 x 2,2 cm groß, mit dem Bild eines fliegenden Reihers signiert. Eine außergewöhnliche, nur von einer feinen Linie – ohne Strichrand – eingerahmte Komposition von Inschrift und Vogel. Ein dynamischer Körper mit leichten filigranen Schwingen, anmutig, ausbalanciert und ausgewogen. Furtwängler (3) schreibt dazu: „...kurz man kann nicht müde werden, sich an diesem Meisterwerke zu erfreuen“. Dexamenos Werke bezeichnen die höchste Vollendung des klassischen Stils, auch der unsignierte stehende Reiher, ein Skarabäoid aus grauem Calcedon, der sich in Privatbesitz befindet, wird ihm zugeschrieben (4).

 

   Zwei Reiher von Dexamenos von Chios



Die Signatur lautet:  Dexamenos epoie Chios, " Dexamenos hat es gemacht, der Chier".

Bereits in archaischer Zeit ist die Abkehr von magisch wirkenden Gestalten und Symbolen zu erkennen, es wird jetzt auch dargestellt, was schön und künstlerisch interessant erscheint: Dämon und Tier, Gott und Mensch. Der klassische griechische Stil bevorzugt Bilder ohne tiefere Beziehungen - schöne Frauen, Krieger, Athleten und Tiere. Götter wie Nike, Eros und Aphrodite, welche die Begriffe des Siegens und der Liebe versinnbildlichen, werden die Lieblingsgestalten dieser Zeit.
 



Äsender Damhirsch
Calcedon Intaglio aus Ionien
2.3 x 1.5 cm
Ca. 500 v. Chr. (5)


 

1. Die Phönizier - ein semitisches Volk der Antike - lebten an der Mittelmeerküste,
    hauptsächlich im Bereich des jetzigen Libanons und Syriens
2. Ionien bezeichnet man die antike Landschaft - einschließlich der vorgelagerten Inseln -
    im mittleren Teil der Westküste von Kleinasien auf dem Gebiet der heutigen Türkei


3. Adolf Furtwängler: AG III, Leipzig - Berlin 1900, S. 138
4. Die griechische Insel Chios liegt in der Ägäis und ist der türkischen [ionischen]
    Küste Kleinasiens vorgelagert.

5. Ein fast identisches Stück, vom selben Graveur geschaffen, befindet sich in der Antikensammlung in Berlin.
    Siehe: Antike Gemmen in deutschen Sammlungen, Band II, S.79, Nr. 172.
    Hier wunderbar beschrieben von Frau Prof. Erika Zwierlein-Diehl : "... Äsender
    Damhirsch nach rechts schreitend. Zarteste Übergänge zwischen den einzelnen
    Körperteilen. Sehr fein sind die trotz ihrer Überschlankheit sehnigen Beine charakterisiert.
    Der sensible Kopf ist etwas herausgewendet, so dass beide Geweihstangen
    und Ohren sichtbar werden. Das linke Ohr ist lauschend nach vorne gedreht..."
 

 

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                             http://www.gemmarius-sculptor.de

© Gerhard Schmidt 2009